Jährliche Archive - 2018

Sammeln und horten von Lebensmitteln

Die Veränderungen und Verhaltensweisen im hohen Alter zu akzeptieren ist für pflegende Angehörige und professionelle Betreuer nicht leicht. Wenn ein alter Mensch immer wieder für uns verrückte Dinge sagt und tut, obwohl man sich ständig bemüht, ihm immer wieder die Realität zu erklären, müsste man eigentlich irgendwann zu einem Punkt kommen, an dem klar wird: „Es ist nicht möglich Einsicht zu erzielen. Das lässt die Krankheit einfach nicht mehr zu!“ Wenn alte Menschen sammeln, horten, die Dinge verstecken und dann vergessen, braucht es Verständnis.

Fakt ist: Viel zu lange bleiben Betreuer und Angehörige auf einer Art Konfrontationsebene. Alte Menschen können gar nicht wissen, warum sie oftmals so merkwürdige Dinge tun.

Fakt ist auch: Unsere Alten werden weiterhin auf ihren Aussagen beharren. Selbst den professionell Pflegenden und Betreuenden, die gut geschult sind, gehen Lebensgeschichten der ihnen anvertrauten alten Menschen oft so nahe, dass sie ihre eigenen Grenzen nicht erkennen und diesen Verhaltensweisen zumindest gereizt gegenüberstehen.

Fest steht: Wer diesen veränderten Zustand jedoch akzeptieren kann und Verhaltensweisen nicht mehr persönlich nimmt, hört mit den ständigen Diskussionen auf. Ein positiver Aspekt tritt ein. Anstelle von Wut, Ärger, Mitleid oder Trauer zu empfinden entwickelt man Empathie und erlernt den validierenden Umgang. Eine wesentliche und fundierte Erkenntnis.

Ein Beispiel aus meinem Erfahrungsschatz, ist hier angeführt:

Als ich in der mobilen Hauskrankenpflege arbeitete, lernte ich eine „grantige“ aber im Grunde nette 83-jährige Dame kennen.

Berta lebte alleine zuhause, die zunehmende Inkontinenz machte ihr zu schaffen. Körperlich war sie wie ein „Wiesel“. Geistig vergaß sie aber so manches, das Bett stand vollgeräumt im Wohnzimmer und im Nebenraum befand sich auch die Küche, die ebenso vollgeräumt war.

Die obere Etage stand leer. Berta ernährte sich vorwiegend von Tee, Keksen, Brot und ein wenig Obst. Sie aß nicht viel von diesen Sachen, doch aber sie sammelte und hortete sie trotzdem wie einen Schatz.

Zuerst wurden all die Naschereien auf einer Zentralheizung aufgelegt, danach kamen die guten Sachen hinter das Geschirr, auf das Bücherregal oder in den Kühlschrank. Sie wurden von ihr versteckt und dann vergessen.

Wenn die Haushaltshilfe versuchte, Berta daran zu hindern, scheiterte die gute Fee unweigerlich. Sie reagierte mit Unverständnis.

Das Bedürfnis von Berta war Sicherheit zu gewinnen, möglicherweise für schlechte Zeiten. Als eine Art „Symbol“ dafür verwendete sie Nahrungsmittel, wenn sie diese noch fand.

Doch, warum machte Berta das?

Aus ihrer Lebensgeschichte weiß ich, dass sie im ersten Weltkrieg beinahe verhungert wäre, als kleines Mädchen war sie so unterernährt gewesen, dass man ihre Haut am Unterarm mehrerer Zentimeter wegziehen hat können.

Bertas schlimme damalige Situation bzw. das damals durchgemachte lebensbedrohliche Gefühl ist in ihrem Unterbewusstsein gut verschlossen.

Obwohl jetzt jede Menge Essen da ist, muss sich Berta durch die immer wieder vergessenen Mengen absichern, um das damalige Gefühl der Angst mit dem heutigen Bedürfnis nach Sicherheit zu verknüpfen.

Viele alte Menschen sammeln und horten verschiedenes Essen, sie haben meistens eine Zeit des Hungers erlebt. Im Alltag sollten pflegende Angehörige wie auch Betreuer bei solchen Verhaltensweisen nicht vor den Augen des Betroffenen die Schubladen und Schränke ausräumen und alles wegwerfen. Die alten Menschen fühlen sich nicht ernst genommen, sondern vielmehr verraten.

Der gute Tipp:

Wenn man etwas wegnehmen muss, weil es bereits verdirbt, empfehle ich, es durch frische Nahrungsmittel zu ersetzen.

Das muss nicht dieselbe Menge sein. Wichtig ist also die Erkenntnis, dass das Sammeln und Horten für den alten Menschen von hoher Bedeutung ist und für den alten Menschen das Bedürfnis nach Sicherheit stillt.

Mit anderen Worten: Was man alten Menschen wegnimmt, nimmt ihnen die Sicherheit. Was man ihnen belässt (oder unmerklich ersetzt) lässt Zufriedenheit einkehren.

Weiterlesen...

Herzgeschichten – wenn der Verstand geht und die Gefühle bleiben

Wenn Oma – nennen wir sie hier einfach Rosa – erkrankt, existiert das logische Denkvermögen nicht mehr. Doch was heißt das?

Das heißt z.B.: das Oma Rosa zwar die Blumen spritzt, aber mit viel zu viel Wasser. Rosa hängt zwar die Wäsche an die Leine, leider ist diese jedoch noch schmutzig. Wenn Oma zusammenräumt landen oftmals die Zähne im Kühlschrank, das Brot im Geschirrspüler oder die Butter verschwindet mit der Marmelade in einer Handtasche bzw. dort, wo sie kein Mensch vermutet.

Um das Durcheinander im Kopf zu entwirren braucht Oma Rosa jetzt unser Verständnis als Angehörige – und unsere Hilfe. Ohne Medikamente!

Validation – was ist das?

Der Alltag mit unserer Oma kehrte schnell wieder ein. Wir sind mit immer neuen Situationen konfrontiert, wir tun uns schwer, ihre Gründe zu verstehen.

Wir würden viel besser verstehen, wenn wir wissen, was um Oma Rosa geschieht. Die Erklärung lautet im Fachbegriff Validation. Validation muss nicht erlernt werden. Wir tragen sie alle in uns, haben sie jedoch verdrängt, oder vielmehr verdrängen müssen.

Schauen wir in unsere eigene Kindheit zurück, oder erinnern wir uns, was Oma Rosa immer über ihre Kindheit erzählt hat. Ihr wurden wie später auch uns immer gesagt: „Lerne mehr, arbeite mehr, du musst zu den Besten gehören!“ Der Druck wurde zur Gewohnheit, zur Lebensphilosophie, zum Grundgedanken.

Nicht nur im Altenheim kann man oft gut beobachten, dass unsere lieben Alten am späten Nachmittag oft unruhig werden, sie wollen nach Hause, zu den Tieren, zu den Kindern. Wir könnten auch sagen, sie wollen zu ihren Routinen. Sie haben ja nie „abschalten“ gelernt.

Im Kopf haben sie zwar nun vergessen, dass diese Zeit nicht mehr existiert. Aber tief im Herzen sind diese Vorgänge, Geschichten oder Gewohnheiten gespeichert.

Diese Menschen bewegen sich in „ihrer“ wahren Vergangenheit. Dort heißt es: Die Sonne geht unter, die Arbeit ist für heute erledigt, wir gehen nach Hause, zu den Kindern. So wurde es über Jahrzehnte gehandhabt. Und dort, in ihrer Vergangenheit können wir sie abholen.

Die Menschen wurden wie Oma Rosa nach deren Leistung beurteilt, ein Leben lang. „Was sagt der Vater, was denkt der Nachbar…, wir müssen unser Tagewerk vollenden…“

Blenden wir uns zurück in die Gegenwart und zu Oma Rosa. Aus Unwissenheit und Mitleid handeln wir ihr gegenüber genau genommen nicht richtig und vertrösten und verstören sie vielmehr, bis sie dann gar nicht mehr mit uns spricht, weil sie sich nicht verstanden fühlt.

Diese Menschen brauchen kein Mitleid, keine Ratgeber und keine Psychologen. Vielmehr brauchen sie unser Verständnis und die richtigen Handlungen.

Denn der Erkrankte kennt nun keine Hemmungen und Normen mehr. Wenn Oma oftmals grundlos „sauer“ wird und uns beschimpft, dann nimmt sich eigentlich ihr Kopf eine Auszeit, ihre Gefühle haben endlich freien Lauf.

Jetzt sollten wir wissen und „entschuldigend“ berücksichtigen, dass das was in Omas gespeichert, niemals verloren geht!

Leider weißt uns niemand darauf hin, so sind wir wütend auf Oma Rosa und können diese Situation einfach nicht verstehen.

Wenn der Verstand geht, aber die Gefühle bleiben

Kehren wir einmal vor unserer eigenen Tür als gesunde und agile Menschen. Wenn wir gefragt werden, ob wir uns an den 8. August letzten Jahres erinnern können, werden wir vermutlich nicht wissen, was damals war – wenn nicht gerade jemand besonderer Geburtstag hatte oder etwas Außerordentliches passiert ist. Wenn wir aber gefragt werden, was das Schönste im letzten Jahr war, wird uns die Antwort leichtfallen. Denn diese Ereignisse sind wie gesagt im Herz gespeichert.

Weshalb wir uns merken, um zu verstehen: Bei einem Alzheimer – Erkrankten wie Oma Rosa geht der Verstand, doch die Gefühle bleiben. Und schon erscheinen unverständliche Handlungen in einem neuen Licht und womöglich sogar positiv. Weil sie aus Omas Herzen kommen.

Weiterlesen...

Menschen mit Menschen am Limit

Bei meinem Dienst in der Hauskrankenpflege lernte ich so manch „grantige“ aber auch „nette“ Leute kennen. Mitzi war zumindest nach außen hin eine nette Dame. Sie stand von Montag bis Freitag auf meiner Liste. Unterstützung bei der Körperpflege, vorbereiten des Frühstücks und Kontrolle der Medikamenteneinnahme waren meine Aufgaben. Mitzi verhielt sich eher bescheiden, scheinbar leidend und sie wirkte oftmals wie eine stille Märtyrerin.

Meine liebenswerte, nette Mitzi sah ich nur einmal am Tag, so konnte ich leicht den Erwartungen ihrerseits Stand halten. Doch wie ging es Wolfgang?

Wolfgang war ihr Sohn der sie fr den Rest der Zeit betreute. Mitzi und Wolfgang lebten in einem kleinen Haus. Der geschiedene Sohn kümmerte sich Tag und Nacht um seine, nach außen hin „liebe“ Mutter. Sie hatte sogar ein sogenanntes „Babyfon“ und nützte dieses Tag oder Nacht. Wolfgang konnte sich nicht mal ein Wochenende frei schaufeln oder mal mit seinen Freunden ein Bier trinken. Er war 24 Stunden eingespannt.

Von einem auf den anderen Tag hatte er sein Leben aufgegeben, kochen, putzen und waschen müssen… Wolfgang war fix und fertig.

Mitzi`s benehmen und die Gründe:

Mitzi will nur eines, „im Mittelpunkt stehen!“ Alles soll sich um sie kümmern, und das am liebsten Tag und Nacht! Solche Alzheimer – Patienten, sprechen oft mit leiser Stimme, seufzen viel und was sie am wenigsten brauchen sind fremde Betreuer. Mitzi sagt oft „das macht ja eh Wolfgang für mich, ich brauche niemanden!“

Doch wie weit gehen hier eigentlich Verantwortung und Erwartung? Wo ist die persönliche Grenze? Darf man persönliche Grenzen haben? Oder brauche ich die Erlaubnis meine Grenzen wahrzunehmen? Wie mache ich das?

Meine Erfahrungen haben mich gelehrt, dass oftmals die Erwartungshaltung alter Menschen grenzenlos ist!

Wolfgang verbrachte unvermeidlich täglich einige Stunden mit seiner Mutter. Wenn ich dann kam um Wolfgang für 45 Minuten zu entlasten, sagte Mitzi oft: „Wolfgang, du willst doch nicht schon gehen? Ich wollte doch noch mit dir ein bisschen reden!“

Spätestens da wirkte Wolfi unsicher und hin- und hergerissen zwischen schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen. Bei Mitzi ging eine andere Zündschnur los: Jetzt begannen die Beschwerden.

Überlebenswichtige Organe, wie das Herz oder die schweren Beie taten wirklich so weh, dass sie nicht mehr gehen konnte!

Pflegende Anghörige lassen sich oftmals in solche „Nischen“ drängen und glauben sie müssten den Erwartungen standhalten. Und wieder muss ich fragen: wie weit geht eigentlich Verantwortung?

Es ist schwer für Angehörige, sich in solchen Situationen nicht betroffen zu fühlen. Der Umstand, dass ältere Personen gerade in ihrer anfänglichen Hilfsbedürftigkeit fremde Hilfe ablehnen, ist ein viel größeres Problem für alle Beteiligten.

Nicht nur Mitzi ist einfach ängstlich und klammert an die noch wenigen Personen die sie noch kennt, dass machen andere alte Menschen auch und setzt dies mit individuellen eigenen Strategien um.

Wir haben die Mittel alte Menschen glücklich zu machen! Mein persönlicher Tipp:

Wenn man den wichtigsten Schritt geht und bereit ist, Unterstützung (wie die einer Fachkraft wie mir) anzunehmen, muss man manchmal zumindest auch gegen den Willen der alten Person handeln – da sich sonst die Situation nicht entschärfen lässt. Der erste Schritt ist der mutigste und mitunter der wichtigste um gute Pflege zu resultieren.

„Validation“ – was ist das?

Validation ist eine verbale und non verbale Kommunikationstechnik und stellt einen stressfreien Umgang für hochbetagte Menschen dar, insbesondere bei Diagnose oder Verdacht auf Alzheimer – Demenz.

In der Validation gibt es für diese beschriebenen Verhaltensweisen ein Rezept: Klare Struktur, Ehrlichkeit und die Kombination einer bestimmten Grundhaltung, die für alte Menschen nötig ist. Wenn etwa der Pflegebedürftige sagt: „Was? Du gehst schon?“… Obwohl man seiner eigenen Ansicht nach genug Zeit mit dem hochbetagten Menschen verbracht hat, könnte ein so beschriebenes Rezept aussehen: Man versucht den Gefühlsrhythmus des Gegenübers anzunehmen und kleidet ehrlich und authentisch in Worte, wie zum Beispiel: „Ja, ich wollte gehen, kommt das so plötzlich für dich? Hast du gehofft, dass ich noch lange hierbleibe?“

Eine klare Position zu behalten ist oftmals leichter gesagt als getan, lässt sich aber mit Hilfe erlernen. Ein respektvoller Umgang würde Mitzi viel mehr Sicherheit geben und Vertrauen aufbauen. Sie würde die Information annehmen, dass jemand immer für sie da ist und man nie auf sie vergisst. So werden ihre Bedürnisse ohne sedierende Medikamente und hässliche Nebenwirkungen gestillt.

Weiterlesen...

Ein Mensch zweiter Klasse – eine Geschichte zum Nachdenken…

Alt und Dement? Je älter, desto hilfloser!

Ein Mensch zweiter Klasse?

Aus der Sicht eines demenzerkrankten Menschen…

_____________________________________________

„Wie ein stiller Verlust kam mein schleichendes Vergessen“

Am Anfang konnte ich es noch gut überspielen, niemand merkte es, ich ließ auch keine Hilfe zu, sonst würden sie es ja merken…
Oftmals war ich überfordert und wenn ich im Gespräch vergaß was ich eigentlich sagen wollte, erfand ich einfach etwas Neues….

Das hielt einige Monate, ja fast Jahre, …. bis ich diese Fassade nicht mehr halten konnte, so kam ganz still und heimlich meine Zeitverwirrtheit dazu…
Ich konnte wirklich gar nicht mehr unterscheiden was gestern und was vor 2 Jahren geschah…. aber das was schon ganz lange her ist, das weiß ich noch ganz genau!

Jeder der mir über den Weg läuft bessert mich aus, weiß was gut für mich ist, beschimpft mich teilweise….
habe ich eigentlich schon gesagt dass ich 82 Jahre bin, 6 Kinder großgezogen habe, 1 Mann im Krieg verloren und auf einem Bauernhof gearbeitet habe?….

Ich frage mich: Wessen Kinder sind das? Wo bin ich hier? Bin ich krank, oder sind es die anderen?
Ein durcheinander in meinem Kopf!
Ich ziehe mich zurück… ich weiß ja auch nicht was los ist mit mir…

Mein Körper und meine Gefühle halten nicht still… Ich mache was sie verlangen…
Ich gehe und möchte einfach „nach Hause“ zu meiner Mama, wo ich mich sicher und geborgen fühle…

Sie fragen mich ob ich schon spinne? Denn meine Mutter sei schon vor 20 Jahren verstorben!
Uups, es war doch nur so ein Gefühl und ich dachte, ach ich weiß auch nicht mehr was ich denken soll….

Ich verstumme allmählich und gehe einfach meiner Arbeit nach. Ich bin nämlich Schneiderin vom Beruf.
Ich schneide mir die Geschirrtücher zurecht um sie dann zu nähen…

Hopala, diese Rechnung habe ich wohl ohne meine Mitlebenden gemacht!
Der Arzt kommt nämlich!
Er sagte es wäre besser und sicherer mich in ein Altenheim zu geben…
Man könne mich nämlich „nicht mehr alleine lassen“, ich sei wie ein Kind und man müsse ununterbrochen auf mich aufpassen,
sie müssen alles verstecken, weil ich angeblich alles zerschneide….
Sie wollen ja nur das Beste für mich… Ich glaube meine Angehörigen spinnen, nicht ich!
Ich bekomme jetzt auch Medikamente die MIR natürlich gut tun!

Warum kann es nicht so sein wie es einmal war?

Wenigstens kann es das in meinem Kopf! Alle sagen dass ich dement bin, sie sollen es nennen wie sie wollen, ich bin nämlich gesund!
Oh, die Zwangsmittel wirken, ich werde immer ruhiger!…

Teil 2:

Stell dir vor:
Nach meinem letzten Oberschenkelhalsbruch sagte der Arzt zur Schwester:
„Baujahr?“
„33“
„Interessante Diagnosen?“
„Ja, Demenz“
„Wie verhält sie sich?“
„AZ.OB.“ (Verstand ich auch nicht, so wie das meiste dort…)
„Doch Auffällig, spricht von ihrer Mutter und ihrer Arbeit als Schneiderin. Sie halluziniert und isst und trinkt fast nichts.“

„Was will man eigentlich noch in diesem Alter? Sie ist doch schon so dement, bekommt eh nichts mehr mit!“
„Gebt ihr passende Psychopharmaka und schickt sie wieder nach Hause.“

Ich bin wieder „daheim“.

Ich bin jetzt bettlägerig.
Habe eine embryonale Körperstellung, nehme die Aussenwelt fast nicht mehr wahr… Alles passiert einfach, ich weiß nicht, es ist wie ein Reflex…

Ich habe Angst…

Jetzt haben sie schon einen Namen für mich!
„Die lebende Tote“ werde ich genannt….
Ganz still wird es um mich…. Wenn mal wer zu Besuch kommt, dann wissen sie eh nicht was sie mit mir anstellen sollen, sie sagen bloß:
„die Arme, alt soll man nicht werden!“
Ich will jetzt nichts mehr essen, ich hab es wirklich satt!

Oje, die nächste gute Idee ist schon im Anmarsch!
Eine künstliche Nabelschnur wollen sie mir jetzt geben…
Weil der Arzt sagte, dass MIR so eine „PEG Sonde“ jetzt gut tut!
Frag mich mal wie es mir jetzt geht…

Naja, so kam mein stiller Verlust mit meinem schleichenden Vergessen…

„Ich werde behandelt wie ein Mensch zweiter Klasse.“

Weiterlesen...

Diagnose Alzheimer? Verlegen – Vergessen – ist das schon Demenz?

Oft werde ich gefragt: „Ivana, sag mal, ich vergesse auch schon so viele Sachen und ständig verlege ich etwas, wo liegt denn die Grenze zwischen verlegt, vergessen und dement?“ Oder: „Woher weiß ich ob mein Gehirn noch gut genug arbeitet? Was ist gut genug?“

Ständig sind wir damit beschäftigt, uns zu fragen ob wir gut genug sind… Ich sag immer: „Solang du noch erstens weißt und zweitens dazu stehst, dass du etwas vergessen hast, ist es noch ein normaler „Abbauprozess“ beziehungsweise vielmehr der Stressfaktor der unseren Lebensalltag von früh bis spät bestimmt!“

Ich will nicht abstreiten, dass wir bestimmt nur geschätzte 55% unserer Gehirnmasse nützen und es noch sicherlich viel mehr zu holen gäbe.

Meine Vermutung und Erfahrung bestätigt sich oft, dass wir zu eingefahren denken! Wie auf einer Autobahn sind wir ununterbrochen damit beschäftigt unser Limit nicht aus dem Augen zu lassen – wer bremst – verliert?

Wenn wir von einem zum anderen Termin hetzen, oder auf einer Stressschiene zwischen Haushalt, Arbeit und Kinder managen… Was passiert eigentlich, wenn wir uns mal ein bisschen einbremsen? Ehrlich gefragt, wer hat oder nimmt sich Zeit, darüber nachzudenken?

Da sind wir am springenden Punkt! Alles was unbequem, kompliziert oder gar neues Denkvermögen anfordert wird ziemlich schnell verworfen, wir sind ja auf das Maximum programmiert und arbeiten ständig am Perfektionismus! Anders gefragt: Hängt unser Wohlbefinden vom Perfektionismus ab?

Wir könnten mal versuchen von unserer geistigen Autobahn abzufahren und eine Pause an einer Raststation machen, um uns zu hinterfragen, was uns Stabilität im Leben gibt, Freude macht oder wie wir unserem Leben einen besonderen Sinn geben können?

Müssen wir wirklich ständig auf der Überholspur fahren um uns zu fragen wie wir besser, schöner, schneller oder gar härter werden!

Wir alle kennen doch bestimmt das Gebot der Nächstenliebe! Es besagt: Liebe deinen nächsten wie dich selbst! Da gestatte ich mir die Frage: Warum haben wir im Leben gelernt, unseren Nächsten mehr zu lieben als uns selbst? Warum denken wir „Nein“ und sagen „Ja“?

Der Zusammenhang zum Vergessen kommt hier ins Spiel: Jeder, der auf der geistigen Autobahn fährt, wird auf dem schnellsten Weg ankommen – doch leider wird er dabei auf sich vergessen und wenn das Vehikel allmählich stottert, wird er sich fragen, wo denn das Ziel oder der Sinn darin war bzw. geblieben ist.

Menschen die an Alzheimer erkranken haben Anfangs ein Problem, (so wie es ein jeder von uns hätte) mit der Erkenntnis, dass der Verstand geht. Wenn sie erst einmal der Zeit keinen Wert mehr geben, sehen sie ihre „Krankheit“ als eine Erleichterung für das Leben! Genauso wie ihr Verstand gehen sie zurück um der momentan unerträglichen Realität einen Sinn zu geben. Es wird keinen Arzt geben, der sagen kann, wo die Grenzen oder Qualitäten zu finden sind. Es lohnt nicht, darauf zu warten, dass sich jemand mit dir beschäftigt. Besser, du beschäftigst dich mit dir selbst, und biegst von deiner zur schnellen Autobahn ab.

Auf diesem vermeintlichen Umweg lernst du plötzlich eine besondere Art der Kommunikation kennen. Diese hilft dir und deinen Angehörigen, dem letzten Abschnitt im Leben einen besonderen Sinn zu verleihen.

Wenn unser Verstand geht, sind es nur noch die Gefühle die bleiben. Es sind die prägenden Lebensgeschichten, was dich im Leben bewegt hat: das Schönste, das Schlimmste, das Glücklichste…
Daran könnten wir unser Gehirn wieder wachsen lassen…. Genau darum geht es im Leben.

Mit anderen Worten: Bei herausfordernden Alltagssituationen hilft es nicht, für uns unerreichbare und daher unbedeutende Menschen immer wieder in unsere Realität zu rufen. Wir sollten vielmehr aus den Weisheiten der Desorientierten lernen.

 

Weiterlesen...